[Klassiker] Patricia Highsmith

Lange ist es her, dass ich einen Klassikerbeitrag geschrieben habe, aber lange lag auch Der talentierte Mr. Ripley auf meinem SuB. Passend das ich damit dann wieder starte. 😉

Die Beitragsreihe habe ich 2020 gestartet, denn ich lese gerne Klassiker und wollte diese nicht einfach als Rezension mit euch teilen. Deshalb nehme ich mir fĂŒr diese BĂŒcher etwas mehr Zeit und lese zusĂ€tzlich zu dem Klassiker auch noch eine Biographie oder ein anderes Buch, dass passend zur*m Autor*in ist, zum Buch oder der Zeit. So habe ich einen etwas umfangreicheren Blick.
Ich möchte mir keinen Stress machen, deshalb dauert es immer etwas bis ein neues Klassikerbeitrag entsteht, ist ja auch einiges was ich lesen muss. 😉
Hier ist nochmal meine Seite „Zeitlos lesen“ auf der ihr alle bisher gelesenen BĂŒcher finden könnt.

Aber heute kann ich euch meinen Beitrag ĂŒber das Buch Der talentierte Mr. Ripley zeigen, geschrieben wurde das Buch von Patricia Highsmith und ist im Jahr 1955 erschienen. 


Zum Roman

Der talentierte Mr. Ripley von Patricia Highsmith

Es ist schon lange her, dass ich den Film mit Matt Damon zu diesem Buch gesehen habe, deshalb waren mir die Details nicht mehr im Kopf und ich konnte relativ unbefangen an die LektĂŒre rangehen. NatĂŒrlich wusste ich noch das GrundgerĂŒst. Thomas Ripley soll im Auftrag von Mr. Greenleaf seinen Sohn Richard dazu bringen aus Italien zurĂŒck in die USA zu kommen. Doch der geborene BetrĂŒger ĂŒbernimmt nach und nach das Leben von Richard, allem vorangegangen ist der Mord an diesem.
Was nach einem spannenden Krimi klingt, der durch halb Europa fĂŒhrt und Ripley immer mal wieder vor schwierigen Situationen fĂŒhrt, wenn zum Beispiel ein alter Freund Richards auftaucht und unangenehme Fragen stellt, war fĂŒr mich aber leider keine angenehme LektĂŒre.

ZunĂ€chst einmal ist Tom Ripley ein wirklich unsympathischer Zeitgenosse und hat so gar nichts nettes an sich. Er fĂŒhlt sich mit allem im Recht und stĂ€ndig allen ĂŒberlegen. NatĂŒrlich scheint er allen immer einen Schritt voraus zu sein, aber die Autorin beschreibt die örtliche Polizei aber auch sehr dilettantisch und auf mich wirkten sie auch ziemlich dumm.
Zudem hat mich diese latente Homophobie, die aus vielen Zeilen im Buch sprang, wahnsinnig gestört. Dazu komme ich spĂ€ter noch was genauer, aber nur so viel, die Erkenntnis, dass Patricia Highsmith lesbisch war, hat mich richtig ĂŒberrascht.

Immer wieder wird aber im talentierten Mr. Ripley darauf hingewiesen, dass Tom auf keinen Fall schwul ist oder sich von Richard angezogen fĂŒhlt. Es wird so extrem darauf herumgepocht, dass ich wirklich genervt davon war. Wenn Ripley nicht schwul war, warum muss er das dann stĂ€ndig betonen? Mal davon abgesehen, dass diese Obsession fĂŒr Richard wirklich krankhaft wirkt und durchaus auf eine Verliebtheit hinweisen könnte.
Das Tom Ripley am Ende mit allem durchkommt, hat fĂŒr mich nichts mit Können zu tun, sondern basiert auf dem Un-Können der anderen und sehr vielen ZufĂ€llen. FĂŒr mich ein Krimi der keine große Spannung aufbaut und noch nicht mal mit einem charmanten Bösewicht aufwarten kann.

Das Einzige, wodurch man sich glĂŒcklich und lebendig fĂŒhlt, ist etwas bekommen zu wollen, das man nicht haben kann.“

Patricia Highsmith, Cahier 36, 5/8/85

Im Kontext

Die Geschehnisse um den vielleicht bekanntesten Roman von Patricia Highsmith sind manchmal recht widersprĂŒchlich, aber auf jeden Fall oft kurios.

Biographie von Joan Schenkar

So ging das Originalmanuskript des Buches verloren, nachdem sie es ihrer Großmutter geschickt hatte und diese Anfang 1955 gestorben war. Patricia machte ihre Mutter Mary Highsmith dafĂŒr verantwortlich (wobei sie ihr nicht nur das vorwarf). Genauso gibt es verschiedene Versionen wie Ripley zu seinem Namen kam, die Autorin erklĂ€rte, dass sie durch eine Werbetafel fĂŒr Herrenbekleidung auf den Namen gekommen ist, aber in ihrem Werk versteckte sie etwas, was darauf schließen lĂ€sst, dass Ripleys Name von einem Zeitungscartoon inspiriert war. Aber da Patricia Highsmith ihre Vergangenheit als Comictexterin nicht offen zugeben wollte, war es fĂŒr sie wohl undenkbar zuzugeben, dass Tom Ripley von einem Cartoon sein könnte.
Auch wandelte sie ihre Meinung, denn zunĂ€chst gehörte Ripley zu ihren Lieblingswerken, aber 1970 gehörte es nicht mehr zu der Liste von Werken, die sie zu ihren besten einstufte. Das zeigt ihren wechselnden Charakter, der sie mir persönlich nicht sympathisch gemacht hat. Was sie im Übrigen mit ihrem Protagonisten Ripley auf eine Stufe stellt. Beide sind fĂŒr mich keine einnehmenden Charaktere und Patricia Highsmith tendierte dazu ihren Figuren einige ihrer zwanghaften Angewohnheiten sowie Eigenschaften, die sie gerne selber hĂ€tte, zu zuschreiben. Aber auch Ripley beginnt mit wenig Selbstachtung und findet erst in Europa seine LebensqualitĂ€t. Wie Patricia Highsmith auch, die in einem selbsternannten Exil lebte. Und sich hĂ€ufig mit dem Gedanken befasst, wie es ist als Amerikanerin im Exil zu leben. Kurioserweise lebte sie allerdings zu dem Zeitpunkt, als sie an dem Manuskript fĂŒr Ripley schrieb, nicht in Europa, sondern beginnt 1954 in einem Haus in Lenox, Massachusetts mit dem Schreiben.
Von Anfang an war ihr aber klar, dass sie in dem Roman ĂŒber Tom Ripley den Triumph des Bösen ĂŒber das Gute stellen wollte und genau das erfreute sie an der Geschichte.

In Highsmith-Country sind alle FĂ€lscher – einschließlich der Autorin.“

Die talentierte Miss Highsmith von Joan Schenkar – S. 107

Zur Autorin

Patricia Highsmith wurde am 19. Januar 1921 geboren, und zwar in dem GĂ€stehaus ihrer Großeltern in Forth Worth, Texas. Da ihre Mutter sich kurz vor Patricias Geburt von ihrem Vater scheiden lĂ€sst, muss sie viel arbeiten und ist selten zu Hause, deshalb wird sie von ihrer dominanten Großmutter in den ersten Lebensjahren erzogen.
Obwohl Patricia und Mary eine wirklich krasse Mutter-Tocher-Beziehung haben, die von viel Hass und Eifersucht geprĂ€gt ist, verbindet die beiden auch eine seltsame Liebe. Zudem waren die beiden sich in vielen Dingen sehr Ă€hnlich, so zum Beispiel auch der unterdrĂŒckte homophobe Hass und das obwohl Patricia Highsmith lesbisch war. Das hat mich wirklich extrem ĂŒberrascht, denn dieser Hass war mir bereits in Der talentierte Mr. Ripley aufgefallen und ich hĂ€tte nie mit einer Autorin gerechnet, die lesbisch ist.
Wie schon gesagt, verbindete die beiden Frauen extreme Hass-Liebe, in der kaum ĂŒber Pats gleichgeschlechtliche Vorlieben gesprochen wird. Vor allem wollte Patricia ihre Mutter dazu treiben zuzugeben, dass sie alleine fĂŒr ihre „Abartigkeit“ verantwortlich war. Passend hierzu schreibt Joan Schenkar in der Biographie: „Der Begriff „Transgender“ war noch nicht erfunden, und hĂ€tte es ihn schon gegeben, hĂ€tte Pat ihn nicht benutzt.“ (S. 231)
FĂŒr mich war Patricia Highsmith der Inbegriff von Transgender, denn sie selbst sah sich eher als Mann und hatte auch einen „mĂ€nnlichen“ Blick auf ihre Welt und auch auf die Frauen in ihrem Leben.

FĂŒr mich war es wĂ€hrend der LektĂŒre von Die talentierte Miss Highsmith unverstĂ€ndlich, wie Patricia immer wieder diesen Reiz auf andere hatte. Denn auf mich wirkte sie alles andere als reizvoll, interessant oder sympathisch. Eine Frau, die in ihren Obsessionen und Zwangsstörungen untergehen konnte, denn in ihren Cahiers und TagebĂŒchern, die sie obsessiv fĂŒhrte finden sich unendlich viele Listen und Zahlen, von denen sie besonderes besessen war.
Davon abgesehen, hat sie viele unliebsame Dinge einfach ausgeblendet. So sieht sie zum Beispiel wĂ€hrend des 2. Weltkrieges trotzdem in allem nur das Beste, es finden sich hierzu in ihren Aufzeichnungen auch keine ErwĂ€hnungen. Sie war hauptsĂ€chlich auf sich selbst bezogen. Das zeigte auch zum Beispiel ihre Einstellung GĂ€sten gegenĂŒber. Es war ihr schlicht egal, wie sich diese verpflegen, denn sie selbst ernĂ€hrte sich hauptsĂ€chlich von Alkohol und so mussten Besucher*innen sehen das sie ihr Essen selbst mitbringen, wollten sie nicht Hunger leiden.
Wie gesagt fĂŒr mich vollkommen unverstĂ€ndlich, wie diese Person so charismatisch auf andere wirken konnte.

Viele Jahre lebte sie fern von ihrer Heimat, den USA, in Europa. Wo sie auch letztendlich den grĂ¶ĂŸeren Erfolg hatte und starb dort auch 1995 in Locarno.
Was ich noch sehr kurios fand war, dass sich die Idee des Alter Egos durch Patricias Highsmith Leben und ihre Werke ziehen und sie sich nie ganz sicher war, ob ihr Nachname auch wirklich der richtige war. Denn als sie dreieinhalb Jahre war, lernte sie den neuen Mann im Leben ihrer Mutter kennen, Stanley Highsmith. Seitdem benutzte sie diesen Nachnamen und mit 25 Jahren legte sie legal den Namen Plangman ab und nahm Highsmith an. Doch war das alles so korrekt? Ein Kuriosum, dass gut zu Patricias Lebenswerk passt.


Um ehrlich zu sein, habe ich mich sehr durch die BĂŒcher gequĂ€lt. Der talentierte Mr. Ripley hat mir nicht wirklich gefallen, wegen den oben genannten „MĂ€ngeln“ und die ĂŒber 800 Seiten starke Biographie von Joan Schenkar Die talentierte Miss Highsmith war ein ebenso schwieriges Werk, denn wie bereits erwĂ€hnt, konnte ich der Autorin nichts abgewinnen. FĂŒr mich steht auf jeden Fall fest, dass ich wohl kein weiteres Werk von Patricia Highsmith lesen werde und trotzdem bin ich wie nach jeder KlassikerlektĂŒre froh, diesen Weg gegangen zu sein, denn so kann ich mir zumindest eine Meinung zu Werk und Autorin bilden.

Das nĂ€chste Mal werde ich euch etwas ĂŒber die Novelle Aus dem Leben eines Taugenichts von Joseph von Eichendorff erzĂ€hlen. Diese ist bereits gelesen, aber die Biographie zum Autor habe ich vor kurzem abbrechen mĂŒssen und schaue mich erstmal nach einer ErsatzlektĂŒre um. Kann also wieder etwas dauern. 😉

Ich freue mich ĂŒber jeden Kommentar zu meiner Klassikerreihe, also an die Tasten und los. 

Liebe GrĂŒĂŸe
Eure Diana

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Buchperlenblog

Huhu liebe Diana! Ich mag deine Klassikerreihe immer wieder sehr gern. Nicht nur, dass du die Klassiker an sich besprichst, sondern uns eben auch Einblicke zu den Autoren und Autorinnen gewĂ€hrst, die den meisten wohl eher verschlossen blieben. Mir ĂŒbrigens auch, ich bin einfach nicht besonders gut im Lesen von Biografien. 😀 Den talentierten Mr Ripley habe ich schon seit Ewigkeiten auf der Liste, aber habe bisher weder Film noch Buch gesehen oder gelesen. Und ganz ehrlich: Nach deinem Beitrag zu urteilen, werde ich mich wohl mit dem Film begnĂŒgen, alles andere klingt fĂŒr mich jetzt auch nicht grad sehr… Weiterlesen »

Nicole

Hallo Diana,

ein großartiger Beitrag, den ich total gerne gelesen habe. Wobei mich diesmal sogar eher deine Worte zur Autorin als zum Buch faszinierten. Das klingt ja nach einer interessanten, wenn auch nicht sympathischen, Person. Manchmal ist es doch interessant, wer der Mensch hinter dem Klassiker gewesen ist.

Die Bekanntschaft mit Mr. Ripley reizt mich eher wenig. Vielleicht werde ich noch neugierig.

Liebe GrĂŒĂŸe
Nicole

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