Neuer Monat, neuer Beitrag zu den Klassikern.
Um das nochmal kurz zu erklären, ich möchte im Jahr 2020 gerne 12 Klassiker lesen und auf meinem Blog vorstellen. Dafür habe ich mir schon eine Liste angelegt, die ihr hier in meinem Ankündigungsbeitrag nochmal nachlesen könnt.
Aber ich möchte nicht nur einfach das Buch lesen, sondern auch etwas über den Autor / die Autorin hinter dem Werk erfahren. Deshalb gibt es dann hier keine einfache Rezension.
Nachdem ich mich nach der Lektüre der Biographie von Lewis Carroll nicht mehr so wohl gefühlt habe, bin ich auch mit einem mulmigen Gefühl an Sturmhöhe von Emily Bronte herangegangen. Ich weiß, das hat nichts miteinander zu tun, aber ich konnte mich nicht dagegen wehren.
Ich wurde aber positiv überrascht und konnte das Buch genießen.
Zum Buch
Sturmhöhe beginnt mit Mr. Lockwood, der Thrushcross Grange gemietet hat. Nachdem er seinem Vermieter Mr. Heathcliff auf Wuthering Heights einen Besuch abgestattet hat, wird er neugierig und beginnt seine Haushälterin Mrs. Dean auszufragen. Diese erzählt ihm gerne etwas über die Geschichte der Earnshaws und Lintons.
Ganz ehrlich, es gab keinen einzigen Charakter im Buch, den ich mochte. Alle haben etwas, was mir sie unsympathisch machte. Einzig Mr. Lockwood, könnte noch ein netter Charakter sein, allerdings erfährt man nicht so viel von ihm, da es in der Haupthandlung um die Geschichte geht, die Mrs. Dean erzählt.
Trotz dieser Abneigung der Personen gegenüber, fand ich konnte man das Buch sehr gut lesen und vor allem war es gut geschrieben. Ich weiß nicht genau was mich fesselte, aber diese Familiengeschichte mit ihren Verwinklungen und Ränkeschmieden konnte mich wirklich faszinieren. Besonders war ich immer wieder erstaunt, wie es Heathcliff geschafft hat alle in die Pfanne zu hauen. Meiner Meinung nach zeugt das von einer guten Autorin, dass sie es schafft eine Geschichte zu erzählen in welcher man keinen einzigen mögen muss um doch den Roman zu mögen. Schade, dass sie keine weiteren Romane geschrieben hat.
Auf jeden Fall kann ich Sturmhöhe weiterempfehlen, denn es ist wie gesagt ein echt gut geschriebenes Buch und es hat mir gezeigt, dass es doch nicht so wichtig ist ob man eine Figur in der Geschichte mag oder nicht.
Vielleicht noch kurz: Was ich nicht an den Handelnden mochte war, dass sie entweder einfach nur fies und böse sind oder eitel und eingebildet oder recht naiv. Jeder hatte einen Charakterzug, der aus einer potenziellen netten Figur doch eine fiese gemacht hat.
Und doch wird am Ende alles irgendwie gut und mir hat das sehr gut gefallen.
Im Kontext
Um etwas über Emilys Leben und ihre Familie zu erfahren, habe ich das Buch Das Leben der Brontes von Elsemarie Maletzke gelesen. Leider gibt es von Emily nicht so viele Hinterlassenschaften wie von Charlotte, die wohl die bekannteste Bronte ist. Trotzdem kann man doch etwas zu Emily sagen, denn sie war wohl eine sehr naturverbundene Frau, die gerne alleine durch die Gegend um Haworth gestreift ist. Was auch die naturbezogenen Anteile in Sturmhöhe erklärt.
Außerdem war sie Menschen gegenüber weniger aufgeschlossen und zog die Gesellschaft ihrer Tiere, zum Beispiel ihres Hundes Keeper vor.
Sturmhöhe ist Emilys einziges Buch, denn ansonsten lebte sie mit ihren Geschwistern in einer Fantasiewelt und schrieb viele Gedichte und Geschichten zu dem Land Gondal.
Laut einer Legende soll Ponden Hall, ein Landsitz, der drei Meilen westlich von Haworth liegt sie zu Thrushcross Grange inspiriert haben, was dafür spricht, weil Emily nicht viel von Haworth weggekommen ist und somit kaum Inspirationsquellen von außerhalb beziehen konnte.
Für Wuthering Heights könnte die Idee von ihrem Aufenthalt in Halifax in einem Institut für Höhere Töchter gewesen sein, denn dort von den Fenstern im ersten Stock „schweift der Blick über das offene Heideland und in einiger Entfernung über das alte Haus eines Gutsbesitzers: High Sunderland.“ Aber egal woher ihre Inspirationen kamen, es zeigt, das Emily eine gute Beobachterin war mit einem exzellenten Gedächtnis.
Und doch fand selbst in der eigenen Familie Sturmhöhe keine große Anerkennung. Noch Jahre nach der Veröffentlichung meint Charlotte sich in einem Vorwort für ihre Schwester entschuldigen zu müssen. Vielleicht weil die Zerstörungen durch Heathcliff etwas an ihren Bruder Branwell erinnerte? Man weiß es nicht, was aber klar ist, ist das es zur damaligen Zeit sehr schwer für eine Frau war überhaupt ihren Roman an die Leser zu bekommen, deshalb haben Charlotte, Emily und Anne beschlossen ihre Romane unter einem Männernamen einzuschicken und nach vielen Ablehnungen ist es dann soweit, der „Londoner Verleger Thomas Cautley Newby erklärt sich bereit, die Sturmhöhe und Agnes Grey (von Anne) in einem Band zu veröffentlichen.“
So fand das Buch dann seinen Weg.
Zur Autorin
Wie schon erwähnt wurde Emily in einer Familie geboren, in der alle Kinder einen Hang dazu hatten ihre Fantasie auszuleben und kreativ tätig zu sein. Schon in jungen Jahren erfanden Charlotte, Emily, Anne und Branwell eine Welt, Gondal, in der es Kriege, Liebe und Politik gibt. Dazu erschufen die vier dann viele Geschichten und Gedichte.
Aber fangen wir vorne an.
Selbst der Vater Patrick Bronte hatte sich selbst Lesen und Schreiben beigebracht und sein Leben lang strebte er nach Bildung und wollte andere daran teilhaben lassen. Ist es da verwunderlich, dass seine Kinder auch immer wieder danach strebten neues zu lernen?
Nachdem 1813 zunächst die älteste Tochter Maria geboren wurde und 18 Monate danach Elizabeth zog die Familie nach Thornton, wo dann Charlotte (1816), Patrick Branwell (1817), Emily Jane (1818) und Anne (1820) folgten.
Anne war gerade ein paar Wochen alt, als die Familie nach Haworth zog, wo sie dann auch bis zum Ende blieben.
1821 wurde dann Maria Bronte, die Mutter, krank und eine ältere Schwester von ihr Elizabeth Branwell zog ein um zu helfen. Im selben Jahr starb Maria und die Tante blieb. Emily und ihre Geschwister schienen nicht immer Freude mit ihrer Tante gehabt zu haben, denn obwohl die Kinder doch ihre Freiheiten genossen, bestand sie darauf, dass sie auch ihre Pflichten erfüllten.
Mit sechs Jahren folgte Emily ihren älteren Schwester nach Cowan Bridge, einer Mädchenschule. Und auch wenn ihr Eintrag ins Schulregister nicht so schlecht klang, wie mag sie sich gefühlt haben weit weg vom Moor und der Landschaft, die sie so liebte?
Nach nicht einmal einem Jahr, im Juni 1825, werden Charlotte und Emily wieder nach Hause, nach Haworth, geholt, aber der Grund ist ein denkbar furchtbarer, denn die beiden älteren Schwestern Maria und Elizabeth sterben beide kurz hintereinander an Schwindsucht. Und so verlieren die Kinder zum zweiten Mal eine „Mama“ und Charlotte, die jetzt die älteste ist, versucht ihr Leben lang diese Rolle einzunehmen und sich um ihre jüngeren Geschwister zu kümmern, das geht soweit, dass sie sogar Jahre später anfängt ihren Schwestern Unterricht in verschiedenen Fächern, wie Grammatik oder Geographie zu erteilen.
1835 muss Emily Haworth erneut verlassen, denn sie soll ihre „Ausbildung“ weiter führen und wird auf die Schule Roe Head geschickt. Doch obwohl Charlotte dort unterrichtet, kann sich Emily nicht einleben. Bereits drei Monate nach Eintreffen in der Schule leitet Charlotte alles in die Wege, dass Emily zurück nach Hause kann. Denn die strengen Tage mit ihren Terminen sind einfach nichts für sie, die, die so gerne ihre Freiheit genießt und durch die Gegend streift soll nun ihre knappe Freizeit mit Mädchen verbringen müssen, die sie „weder mögen noch ertragen kann.“
1838 wagt Emily dann ihren nächsten Versuch und zieht nach Halifax in das oben erwähnte Institut für Höhere Töchter als Lehrerin. Wie lange sie es dort genau aushält weiß man nicht, aber klar ist, es ist nicht lange und sie kehrt wieder nach Haworth zurück.
Doch das war nicht das letzte Mal, dass sie von ihrem geliebten Moor wegreist, denn 1842 entscheidet Charlotte für Emily mit und beide nehmen eine Stelle in Brüssel an und Charlotte sagt, dass sie nicht weniger als ein Jahr dort bleiben möchte. Doch auch dort hält es Emily nicht lange aus und sie wird verstockt und benimmt sich sehr abweisend den anderen dort gegenüber. Nach nur neun Monaten steht für sie fest, nie wieder zurück nach Belgien. Denn zu dem Zeitpunkt befinden sich die Schwestern wieder alle in Haworth, weil Tante Elizabeth gestorben ist. Und so kehrt Emily zum wiederholten Male heim und blüht dort wieder auf.
Am 24. September 1848 stirbt dann der Bruder und vielgeliebte Sohn der Brontes. Branwell hat sein Leben lang nicht so viel zustande gebracht und doch ist er es, den der Vater schmerzlich vermisst. Nach seiner Beerdigung verlässt Emily das Haus in Haworth nicht mehr, denn sie erkrankt schwer und störrisch wie sie ist, verbietet sie einen Arzt kommen zu lassen. Außerdem lässt sie sich nicht davon abhalten sich jeden Morgen selber anzuziehen und ins Wohnzimmer hinabzukommen um die Hunde zu füttern und dann am Fenster zu sitzen und so zu tun als ob sie nähte. Am 19. Dezember 1848 beginnt Emily den Tag wie alle anderen vorher, doch als sie in dem Stuhl am Fenster zusammensinkt, bringen die anderen sie zum Sofa, erst dann sagt Emily, dass es nun okay ist wenn ein Arzt kommt. Doch zu spät, an diesem Tag stirbt Emily Bronte.
Sturmhöhe konnte mich wirklich fesseln und das obwohl ich die Charaktere so gar nicht leiden konnte, aber Emily Bronte hat einen einnehmenden Schreibstil und es ist wirklich schade, dass sie nur diesen Roman veröffentlichte. Dann werde ich wohl einfach zu den Büchern ihrer Schwestern greifen, denn diese Familie ist wirklich faszinierend. Obwohl ich sagen muss, dass ich die Biographie von Elsemarie Maletzke nicht immer so toll fand, mir fehlten erstens ein paar Bilder oder Fotografien und dann vermischte sie sehr viel die Geschichten der Geschwister mit dem wirklichen Leben. Manchmal konnte man das kaum unterscheiden.
Im nächsten Monat lernen wir dann Victor Hugo kennen und sein Buch Der Glöckner von Notre Dame. Da bin ich schon sehr neugierig drauf, denn bisher kenne ich nur die Adaption von Disney.
Ich freue mich über jeden Kommentar zu meiner Klassikerreihe. 😀
Liebe Grüße
Eure Diana
[…] Ödland, Moorgebiete, Sümpfe – eine Geschichte in der einer dieser Flächen das Setting istSturmhöhe von Emily Bronte […]
Hallo Diana,
du weißt ja schon, dass ich „Sturmhöhe“ auch recht gern mochte. Insgesamt waren die Brontë-Schwestern schon ein besonderer Haufen. Schön, dass ihre Romane heutzutage noch gelesen werden.
Liebe Grüße,
Nicole
Hallo!
Ja, die waren wirklich besonders. Aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass die Schriftsteller*innen aus der Zeit damals alle recht eigen waren. Das ist zumindest so mein Eindruck, wenn man die Biographien so liest. 😀
Ist schon sehr interessant, die Hintergründe noch zu kennen. Da mache ich mich viel zu selten schlau drüber.
Liebe Grüße
Hallo Diana,
ich habe Sturmhöhe als Teenager gelesen und habe weniger die Handlung als vielmehr die bedrückende, gewalttätige Atmosphäre in Erinnerung behalten. Wenn ich dann das Buch denke, sehe ich immer ein schlammig braun-grau-grünes Moor vor mir. Weil das Werk der Brontë-Schwestern ja eher überschaubar ist, habe ich mal überlegt, mir eine Gesamtausgabe zuzulegen und die Autorinnen auch untereinander vergleichen zu können. Vielleicht gibt es ja eine englischsprachige mit Anmerkungen.
Viele Grüße!
Jana
Hallo Jana!
Ach, das ist bestimmt sehr interessant dann. Als ich die Biographie gelesen habe, konnte man schon direkt merken wie unterschiedlich die Schwestern sind, das fließt natürlich auch in ihre Arbeiten mit rein. Denke ich mir zumindest. 😉
Hast du denn irgendwann nochmal ein Buch von den anderen Schwestern gelesen? Oder bis jetzt auch nur Sturmhöhe?
Liebe Grüße